Das kollaborative Projekt “Nah und fern” setzt sich mit Nähe und Distanz, als bestimmender Spannung der Zeit der Corona-Pandemie auseinander. Durch die fehlende direkte gesprochene Kommunikation war schon im Prozess die Distanz erschaffen. Gleichzeitig war dieses ungewohnte Zusammentreffen und das aufeinander einlassen aber sehr verbindend, wodurch gleichermaßen eine große Nähe entstand. Es resultierte ein Werk distanzierter und zugleich eng verflochtener künstlerischer Arbeit.
Teil 1: Von der (Un-)Möglichkeit der Begegnung
April 2020. Jede:r hat eigene Erinnerungen an diese Zeit. Alles verharrte, kehrte sich nach innen. In Bonn, im Wald des Venusberges, entstand zu dieser Zeit etwas. Aus Baumstämmen, Ästen und Zweigen wurde ein Piratenschiff gebaut. Mit Kiel, Bugspriet und Steuerrad. Auch Segel wurden gehisst. Das Schiff trägt den Namen Corona.
Das Schiff – erbaut von Philipp Sebastian – wurde zur bespielbaren Installation, zur Bühne. Philipp lud Künstler:innen ein, und so fanden im Piratenschiff Performances, Konzerte und Malerei statt.
Die erste Performance, die ich begleiten durfte, war von Ricarda Rommerscheidt. Den Kontakt stellte Philipp her, er gab den Anstoß für unser Experiment. Ricarda und ich kannten uns nicht, sprachen zuvor, währenddessen und danach kein Wort miteinander. Lediglich ein paar Emails umrissen das Gröbste. Neben meiner Kamera trug ich einen kleinen schwarzen Würfel bei mir, kaum größer als eine Walnuss. Eine kleine, gut getarnte Actioncam, mit der ich unbemerkt Filmaufnahmen der Contact-Improvisation von Ricarda machen konnte.
Das Produkt dieser distanzierten und zugleich eng verflochtenen künstlerischen Arbeit ist hier zu sehen. Weitere Projekte, die im Piratenschiff Corona stattfanden, sind auf der Website von Philipp Sebastian.
Ein Monat vergang, aus den Videomitschnitten wurde ein Film, aus einer Idee ein Experiment. Bei der 2. Performance trafen Ricarda, Philipp und ich aufeinander. Philipp spürte Ricardas erster Performance nach, machte etwas eigenes daraus. Ricarda fertigte parallel Skizzen dazu an, ließ sich auf Philipp ein, eine Spannung baute sich auf. Anfangs dokumentiere ich die Performance, wurde am Ende aber auch Teil davon. Kinder, die zufällig im Wald spielten griffen ein, fragten was passierte, gingen dann weiter ihrem Spiel nach. Etwas neues war entstanden.
Auch aus den Aufnahmen der 2. Performance wurde ein Film.
Die Klangkomposition des 2. Films “Von einem, der auszog” stammt von Claudia, eingesetzt hat sie dafür Cello und Stimme.
Teil 3: Die Verabredung
Die Zeit verging, die Pandemie blieb. Ein gutes Jahr nach der ersten Performance wurde die Reihe "Nah und fern" Teil des Superpopp-Up Festivals. Dafür trafen wir uns erneut, im inzwischen nicht mehr ganz so taufrischem Schiff. "Die Verabredung" sollte der Titel unserer dritten, live übertragenen Performance sein. Wir hatten Gäste vor Ort und ganz corona-mäßig Gäste online. Als Dokumentation des Ereignisses habe ich einen Film aus dem entstandenen Material geschnitten.
Zeichnung auf Bild 3: Ricarda Rommerscheidt