Wie gut es uns geht. In unseren gemütlich eingerichteten Wohnungen oder Häusern. Wie gut es uns geht, dass wir beklagen können, nur einen kleinen Balkon oder Garten zu haben. Dass wir wochenlang Netflix schauen und wissen, dass Homeoffice und Zoomkonferenzen doch auch ihre Schattenseiten haben. Denn sind wir ehrlich, seit Corona hat doch jeder ein paar Pfunde mehr drauf. Außer die, die Sport gemacht haben und uns durch ihre perfekte Figur unsere Schwäche für Schokolade vorhalten. Wie gut es uns geht, dass unser größter Verzicht war, unsere Freunde ein paar Wochen nur über einen Bildschirm sehen zu können und online unser Bier zusammen zu trinken.

Wir brauchen keine Angst zu haben, wenn die Dämmerung kommt. Bei Mittelmeer denken wir an Urlaub. Wir bewegen uns frei, wohin wir auch wollen. Menscherechte interessieren uns ungefähr so sehr wie das Grundgesetz, oder ob unser Besuch zum Frühstück lieber Kaffee oder Tee trinkt. Und all das nehmen wir ganz selbstverständlich hin.

Wir wissen nichts von Krieg, Leid, Flucht, Überlebensängsten. Bedrohung durch Behörden. Grenzen. Unüberwindbaren Grenzen, willkürlich gezogen, im weiten, türkisblauen Meer. Unser (deutscher) Pass lässt uns überall frei einreisen. Klimawandelt bedeutet für uns längere laue Sommernächte, in denen wir draußen sitzen und im See baden gehen können.

Wann fängt es an zu kippen? Welche Worte sprechen wir genauso unbedarft wie vor ein paar Jahren aus? Mittelmeer? Griechenland? Ägäis? Schlauchboot? Lesbos? Wann beginnen wir uns unwohl zu fühlen, lösen diese Worte mehr als Sommer-Sonne-Gute-Laune aus? Wann können wir es nicht mehr ertragen, und was für Konsequenzen ziehen wir daraus? Unsere Politiker und Regierungen, nun, die ändern Sportbootverordnungen, lassen zu, dass schwimmende Barrieren errichtet werden. Damit Menschen sterben. Und die, die es doch irgendwie geschafft haben, auf unbestimmt in Lager gesperrt werden, denn dank Corona können easy peasy immer wieder neue Ausgangssperren verhängt, bzw. verlängert werden. Und wir, wir wählen diese Politiker als unsere Vertreter, geben ihnen die Macht, die ihnen erlaubt genau das zu tun.

All das führte mich zu Mare Liberum auf das gleichnamige Schiff, welches z. Zt. vor Lesobs vor Anker liegt.