Es ist ein seltsames Gefühl, wenn sich eine Sehnsucht erfüllt.

Für mich das wichtigste Ziel unserer Vanuatu-Reise, befindet sich hier auf Ambrym. In den Bergen gibt es zwei Lavaseen, von denen es nur an sehr wenigen Orten auf der Erde welche gibt. Um genug Zeit zu haben entschieden wir uns drei Tage und zwei Nächste in den Bergen zu bleiben. Ein Führer und zwei Podas (heißt glaub ich eigentlich Träger, aber unsere Rucksäcke trugen wir selbst, das gebot mein Stolz) begleiteten uns. Nach einer langen, schaukeligen Fahrt mit dem Truck in den Dschungel ging es zu Fuß vier Stunden weiter durch Hitze, Fliegen und Vegetation die Berge hinauf, bis wir die Ashplain und das kleine Basecamp erreichten. Auf ca. 700 m war das Klima ein anderes, zumal sich die von Norden kommenden Wolken in den Bergen verfingen und wir so in einem feuchten, kühlen Dunst unser Zelt aufschlugen. Trotzdem, auch hier war richtiger Regen so rar, dass der Wassertank so gut wie leer war und wir froh waren genug Trinkwasser mitgenommen zu haben.

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Neben uns war eine Gruppe Franzosen da. Voll ausgerüstet mit Helmen, dicken Wanderschuhen und Seilen. Als wir feststellten, dass sie die gleichen Ziele wie wir hatten und auf die Füße unserer Führer blickte (2x Flip Flops, 1x Fußball-/ Stollenschuhe), musste ich ein wenig in mich hinein lächeln. Mein Schuhwerk bestand aus Turnschuhen, und, gegen das Lapilli, unter normalen Umständen unpassend hoch gezogene Socken. Vermutlich nicht gänzlich optimal, aber m. E. für diese Art von Bergen vollkommen ausreichend. Sinnvoller als Helme wären sicher Gasmasken gewesen, aber die hatte niemand dabei.

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Die meisten Besucher der letzten Wochen haben es nicht geschafft die Lavaseen zu sehen, da das Wetter zu schlecht war. Um zu dem Lavasee von Mt. Benbow zu gelangen, muss man in den Krater hinein klettern, wenn er in Wolken liegt, ist das unmöglich, da der Ab- und Aufstieg sehr gefährlich sind. Der Weg zu Mt Marum ist lang und kompliziert. Bei schlechtem Wetter sei auch dies nicht möglich. Ganz davon ab, dass die Lava der Seen ca. 1100°C heiß ist und man ohne sehr spezielle Schutzausrüstung eh nicht ganz dicht dran kommt und somit auch klare Sicht braucht.

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Geduld ist eine Tugend, die ich gerne mehr besäße und sie vor allem auf Reisen wie dieser erlange. Obwohl wir am frühen Nachmittag am Camp waren, wollte unser Trupp uns nicht zu den Vulkanen führen, da „everybody tired“ sei. Anstatt mich (innerlich) aufzuregen zuckte ich mit den Schultern, wir packten was zu Trinken und die Kamera ein und zogen alleine los. Ich bin inzwischen auf so vielen unterschiedlichen Vulkanen gewesen und so kurz vorm Ziel, da war es mir (zu meinem großen Erstaunen) sehr egal, ob ich mit oder ohne Führer auf diesen verdammten Berg steige. Den Weg würden wir schon irgendwie finden. Auf der Ashplain fühlte es sich an, als seien wir in Island – leider inklusive Wetter. Nach einer halben Stunde setzte der Regen ein und wollte nicht stoppen, so dass wir irgendwann durchfrohren, nass und zerknirscht umkehrten. Am nächsten Morgen stand eigentlich zuerst Benbow auf dem Programm, doch dieser hing in dichten Wolken. Allgemein war das Wetter aber mehr oder minder ok, also brachen wir sehr früh, noch vor den perfekt vorbereiteten Franzosen, in Richtung Marum auf. Die Wanderung führte über die Ashplain, Geröllfelder hinauf, an rauchenden Kratern vorbei. Als wir schon mitten in den Bergen waren, begann zu regnen. Der von den Vulkanen saure Regen brannte in unseren Augen und auf der Haut. Wir wickelten uns in unsere Sarongs ein, die wir zum Schutz vor den Gasen mitgenommen hatten und gingen schweigend weiter und weiter auf 1200 m die Bergflanke hinauf. Nach einer Ewigkeit hörten wir ein Rauschen und nach 20 Metern standen wir am Abgrund und blickten durch den Rauch hindurch in den Vulkankessel auf den Lavasee. Es kochte und brodelte. Manchmal spritzen kleine Fontänen an dem Rand hoch und erkalteten langsam auf der schwarzen Schlacke. Der Anblick war überwältigend. Plötzlich kam ein Wind auf, der den Rauch zur Seite blies und uns für einige Zeit freie Sicht in das pulsierende Herz des Vulkans offenbarte. Es kam mir vor, als würde ich in mein eigenes blicken.

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Der Regen wurde immer stärker und zurück im Camp blieb uns nicht viel, als uns in die Palmblätterhütte zu verkriechen, Karten zu spielen und mit unseren Guides lokale Besonderheiten auszutauschen. Ich war mir schon beim Aufstieg durch den Dschungel nicht sicher, ob sie wirklich nur Tabak rauchen, auf jeden Fall machten wir das Beste aus der Situation.

Abends lichteten sich die Wolken und wir sahen von der Ashplain aus, zum Greifen nahe, das rote Leuchten in den Wolken. Am nächsten Morgen standen wir früh auf. Über Nacht hatte es sich tatsächlich aufgeklart, also gingen wir nach einer Tasse dünnem Tee und ein paar Keksen mit Erdnussbutter los in Richtung Benbow. Der Aufstieg war zwar kürzer, aber deutlich steiler. Hinzu kam, dass wir noch in den Krater klettern mussten, da Benbow zwei ineinander geschachtelte Krater hat, in dessen inneren der Lavasee ist. Vor allem dieses letzte Stück was sehr abenteuerlich und verlangte uns einiges ab. Die Wand war steil, im oberen Teil mit rutschigem Lapilli und weiter unten von einer unebenen Schlacke bedeckt, deren Struktur an aufgeplatzte Pillowlaven erinnerte. Trotzdem schafften wir es und durften wegen des unsteten Wetters 15 Minuten in den kochenden See blicken, bevor wir den Rückweg antreten mussten. Wir waren viel näher an Benbows See, die von ihm ausgehende Hitze war noch viel deutlicher zu spüren. Obwohl, oder grade weil er laut Karte etwas kleiner als der See von Marum war, schien er viel wilder zu sein. Einige Einheimische glauben, dass die Seelen der Toten in diesen Seen sind. In diesem sind wohl die schlechter gelaunten.

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Die Zeit in den Bergen war so anders und intensiv, dass es sich seltsam anfühlte, nach dem Abstieg durch den Dschungel wieder mitten in den Tropen am Meer zu sein. Von einer fremden Welt zurück in die nächste.

4 thoughts on “Der Blick ins Herz

  1. Wow! Was für eine phantastische Landschaft!
    Ich bin schon sehr gespannt auf (noch mehr!) Berichte und (noch mehr!) Fotos… Bis dahin wünsche ich euch noch viele wunderbare Momente!
    Habt ihr eigentlich was von dem Erdbeben auf den Salomonen-Inseln mitbekommen?

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