Die meisten Touristen die nach Vanuatu fahren besuchen auch die Insel Tanna, da dort (nach Angaben der hiesigen Tourismusindustrie) den weltbestzugänglichen Vulkan Yasur zu besichtigen. Tatsächlich fährt man mit Jeeps bis 150m vor den Kraterrand und muss nur noch 10 Minuten laufen, bis man kurz vor sich die spuckende Lava sieht. Und da ich – wie vielleicht dezent schon durchklang – Vulkane sehr prima finde, wollten wir uns das nicht entgehen lassen.

Um nicht ganz die klassische Touri-Nummer zu fahren, bzw. eigentlich weil wir versäumt hatten früh genug zu buchen (wer plant schon seine Reise langfristig vor…), bekamen wir keinen Flug mehr nach Tanna und entschieden uns kurzerhand die Fähre zu nehmen.

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Die Fähre. Nachdem wir schon von Big Sista durchgeschaukelt wurden, probierten wir diesmal Vanuatu Ferry aus. Geräumige, komfortable Sitze wurden uns versprochen. Und auch wenn ich im Hinterkopf die Geschichte hatte, dass ca. 1 Woche nachdem wir mit Big Sista gefahren sind, die Passagiere bei der selbigen Überfahrt die ganze Fahrt lang eintretendes Wasser aus der Fähre zurück in den Ozean schöpfen mussten (wie das Wasser eingetreten ist weiß ich leider nicht ganz, da die Frau, die mir davon erzählte leider nur Bislama sprach, was ich nur wenig bis mäßig verstehen kann), schob ich meine Bedenken zur Seite. Eine Wahl hatten wir eh nicht, wenn wir nach Tanna wollten.

Bepackt mit Proviant und Kartenspiel saßen wir nach dem üblichen 1-2 stündigen Warten in der prallen Mittagssonne dann tatsächlich gut gelaunt an einem Tisch mit großzügigen Sitzen und freuten uns auf die 19-stündige Überfahrt, bis uns verkündet wurde, dass die Fähre nicht fährt, da es eine Unwetterwarnung gäbe. Verwirrt wanderten meine Blicke über das spiegelglatte Meer, aber wie sich später rausstellte, gab es tatsächlich eine Tsunamiwarnung für Südvanuatu.

Zwei Tage später ging es dann los. Viele Menschen stiegen in die winzige Fähre. Wer vll schon mal auf eine Nordseeinsel (z.B. das holländische Texel) gefahren ist, diese Fähren sind deutlich(!) größer als die unsrige, die uns mit 9,5 Knoten 200 km über den offenen Pazifik schippern sollte. Autos o.ä. werden hier eh nicht transportiert, da kaum einer eins besitzt, dafür jede Menge Reis, Matratzen, Töpfe und Weihnachtsgeschenke. Im Schiffsbauch die Fracht, ein Deck für die Passagiere.

Ich bin kein Freund von viel Wasser. Am Meer sitzen, ein wenig baden u.ä. finde ich schön, aber sobald es um offene See, U-Boote o.ä. geht steige ich ganz schnell aus. Außerdem wird mir schon auf einer normalen Kinderschaukel schlecht, das hin- und her Geschaukel auf Schiffen ist nicht wirklich nach meinem Geschmack. So wurde mir etwas anders, als um Ruhe gebeten wurde, um uns Lagerort und das Anlegen der Rettungswesten zu erklären, und, wie man im Falle des Falles ins Meer zu springen hat. Keine Rettungsboote. 200 km offenes Meer, mit einer einzigen weiteren Insel kurz vorm Ziel, ansonsten nur Wasser Wasser Wasser und keine Rettungsboote. Nach gut zwei Stunden waren allerdings alle Bedenken vergessen. In dem Bereich, in dem wir saßen, stieg die Temperatur mehr und mehr an, und nach einem kurzen Gang auf Deck, möchte ich meinen, dass der Temperaturunterschied locker 20°C betrug. Es war einfach nicht auszuhalten. Hinzu kam, dass die Bewegungen einer Kinderschaukel verglichen mit dem Seegang geradezu lächerlich sind, und so schloss ich mich nach kurzem Überlegen der Symphonie der Seekranken (der bis auf wenige Ausnahmen sämtliche Passagiere angehörten) an.

Auf halber Strecke zur offenen Tür, durch die etwas frische kühle Luft reinströmte fanden wir auf dem Fußboden noch ein freies Fleckchen (die Einheimischen hatten klugerweise alle Bambusmatten mitgebracht, auf denen sie sich niederließen). Nach einiger Zeit reichte uns jemand eine Decke, auf der wir die nächsten Stunden in stabiler Leidenslage verbrachten. Das einzig positive dieser Seefahrt war, dass wir etwas schneller als erwartet voran kamen und nur 17 statt der erwarteten 19 Stunden benötigten. An Land in Tanna den schwarzen Vulkansand zu berühren und endlich wieder festen Boden unten der Füßen zu haben ist sicher einer der erfüllendsten Momente unserer Reise gewesen.

Auf der Insel Tanna prallen Welten zusammen. Bisher konnten wir die anderen Touristen, die uns begegnet waren fast an einer Hand abzählen (wenn ich mich nicht irre waren es abgesehen von den Cruise Shippern sechs), durch den Vulkan blickten wir hier auf einmal in viele weiße Gesichter, Anspruchshaltung und absurde Vorstellungen. Ein Schweizer beispielsweise konnte nicht fassen, dass es kein kühles Bier gibt. An einem Ort, der 2015 von einem Zyklon vollständig zerstört wurde (wie weite Teile der gesamten Insel), wo es am Tag für ein wenig Licht drei Stunden Strom aus dem Generator gibt, da Benzin rar und teuer ist (3,50€ pro Liter). Die meisten Touristen fallen wie Heuschrecken über die Vulkan-Attraktion her, die durch „traditionellen“ Tanz und Begrüßungtrara abgerundet ist und verschwinden dann wieder spurlos in ihre Resorts. Wie gesagt, westlich induzierter Kulturschock.

Natürlich wollten wir aber auch zum Vulkan, und so einfach der Aufstieg war, war sein Anblick nicht weniger beeindruckend. Schon im Hellen sah man die Lavafetzen durch den Rauch spritzen, richtig beeindruckend wurde das ganze aber bei Dunkelheit. Zwei Schlote spuckten abwechselnd oder gleichzeitig große rote Fontänen und stießen dichten Rauch aus. Dazu donnerte es ohrenbetäubend laut und die Erde bebte unter unseren Füßen. Dieses spektakuläre Schauspiel ohne weitere Anstrengung (wenn man mal von der Schifffahrt absieht) betrachtet zu haben, lies mich allerdings etwas verwirrt zurück. Der Bergaufstieg gehört für mich irgendwie dazu. Ich hätte noch Stunden damit zubringen können, dem Feuerwerk zuzusehen, aber irgendwann mussten wir wieder zusammen mit der Gruppe zurück. Wie wir später feststellten, konnten wir aber auch von unserem Baumhaus aus tagsüber den dichten Rauch und abends die Lavafontänen von Yasur sehen.

Um nicht nur den Vulkan, sondern auch etwas von der Insel zu sehen, blieben wir noch ein paar Tage. Unsere Gastgeber waren sehr nett und so lernte ich (und dass ich es zu lernen hatte war keine Frage), wie man aus einem Palmenblatt mit lediglich einem Messer zur Hilfe einen Ernte-Korb flicht. Außerdem durften wir bei der Zubereitung eines traditionellen Laplaps (Essen) mithelfen, was den ganzen Tag und die Hilfe aller anwesenden in Anspruch nahm. Auch wenn man vom Geschmack her nicht erwartet hätte, dass da so viel Arbeit drin steckt.

Zurück nach Efaté ging es dann mit dem Flugzeug. 45 Minuten, mit „Kapitän Kanguroo“, wie wir ihn seit dem Flug in Ambrym nannten, bei dem er uns schon einmal von Insel zu Insel flog und ohne das geringste Ruckeln die kleine Propellermaschine auf der Graspiste landete. Aus der Luft sahen wir aufs blaue Meer und suchten es nach Booten ab, aber da war nichts außer tiefblauem Wasser.

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